Hückeswagener Firma Recknagel Präzisionsstahl
50-Tonnen-Maschine schwebt in Produktionshalle
Mit einer Million Euro ist das neue CNC-Bearbeitungszentrum die teuerste Einzelinvestition der Hückeswagener Firma Recknagel Präzisionsstahl. Am Dienstag wurde die riesige Maschine in zwei Teilen angeliefert und in einem aufwendigen Verfahren in die Halle bugsiert. So verlief das Prozedere...
Präzision ist Alltag bei Peter Recknagel. Schließlich produziert sein Unternehmen seit fast 60 Jahren exakt das: Präzisionsstahl. Genau so exakt muss es an diesem Dienstagmorgen zugehen, wird doch das neue CNC-Bearbeitungszentrum der Schöppinger Firma AXA in zwei Teilen von Tiefladern mithilfe zweier Autokräne in die Versandhalle transportiert und von dort per Gabelstapler und über Schwerlastrollen gut 25 Meter weiter bis an ihren Standort in der Schleiferei bewegt.
Doch sowohl die Monteure der Firma AXA, bei der das Maschinen-„Monstrum“ hergestellt worden ist, als auch die Mitarbeiter der niederländischen Firma Rensink, die auf Maschinenumzüge und Sondertransporte spezialisiert ist, haben die Lage im Griff. Schon gegen 11.30 Uhr hatten beide jeweils 13 Meter langen, vier Meter hohen und zusammen fünf Meter breiten Teile das Hallentor passiert, am Nachmittag stand die Maschine auf ihrem Platz. Bis sie aber endgültig montiert ist, wird es noch voraussichtlich bis Ende kommender Woche dauern.
Um 2.45 Uhr war die Reise mit zwei Schwertransportern vom Hersteller im Münsterland Richtung Bergisches Land gestartet, um 5.30 Uhr war der Tross in Kobeshofen eingetroffen. Ein Schwertransporter hatte sich so auf dem gegenüberliegenden Aldi-Parkplatz platziert, dass er nur noch rückwärts über die Straße ans Rolltor des Recknagel-Versands fahren musste, der andere stand in Warteposition auf dem Parkplatz des Fleischmarkts. Dazu hatten links und rechts des Tores ein Kranwagen der niederländischen Firma und einer aus Wuppertal Aufstellung genommen.
Um 9.52 Uhr setzt sich die erste, 31 Tonnen schwere Hälfte – das sogenannte Maschinenbett mit den Werkzeugmagazinen, den Führungen und Antrieben sowie dem Fahrständer mit der Bearbeitungsspindel – in Bewegung. Zentimeter für Zentimeter heben die beiden Kräne das riesige Teil in die Höhe. Fünf Minuten später schwebt es so hoch, dass der Schwertransporter mit dem langen Auflieger Richtung Aldi-Parkplatz fahren kann.
Nun beginnt die eigentliche Präzisionsarbeit, denn irgendwie muss die 13 Meter lange Maschinenhälfte ins Innere gelangen. Zunächst schwebt sie dank beider Kräne zwei Meter in die Versandhalle und wird im vorderen Bereich auf zwei bereitliegende Schwerlastrollen abgesenkt. Die Stahlketten, mit denen sie am niederländischen Kran hing, werden gelöst. Nun kann der Wuppertaler Kran, dessen Ketten am hinteren Drittel der Maschine angebracht sind, die 30 Tonnen Stück für Stück hineinschieben, bis die Ketten am Torrahmen anlangen. Unterstützung gibt es durch einen Gabelstapler, der die Maschinenhälfte mittels Stahlkette in die Halle zieht.
Derweil hat ein Mitarbeiter von Rensink ein besonderes „Spielzeug“ zum Vorschein gebracht: Aus einer flachen „Garage“ fährt er dank einer Fernsteuerung eine gut 1,50 Mal 1,50 Meter große Schwerlastrolle in die Halle – die ist für den Weitertransport beider Hälften in die benachbarte Fertigungshalle von großer Bedeutung.
Nachdem auch die zweite Hälfte auf dem gleichen Weg an ihren künftigen Standort befördert worden ist, können die Vorbereitungen für die Befestigung des neuen hochmodernen CNC-Bearbeitungszentrums beginnen. Am Nachmittag werden beide Teile miteinander verschraubt und mithilfe von hydraulischen Hebern und den Schwerlastrollen zunächst auf ihren vorbereiteten Platz gesetzt. Die Monteure markieren nun die Punkte für die Bohrungen im Hallenfundament, dann wird die CNC-Maschine wieder zur Seite geschoben. Heute und nach dem verlängerten Wochenende wird die gut eine Million Euro teure größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte bis Ende kommender Woche nicht nur mit Schrauben im Hallenboden befestigt, sondern auch für den späteren Betrieb vorbereitet.
Ab Mitte Mai etwa können dann darauf die Präzisionsmaschinenteile „made by Recknagel“ gefertigt werden. Das sind vor allem Führungsschienen aus Stahl, die von Maschinenbaufirmen geordert werden und über die in deren Maschinen die beweglichen Teile fahren. Benötigt werden die Produkte aus Kobeshofen vornehmlich in Schleif- oder Fräsmaschinen sowie Pressen und neben dem Maschinenbau noch im Werkzeugbau und von Automobilzulieferern. So beliefert Recknagel etwa Kunden von Audi, VW und Mercedes – „allerdings nur in einem kleinen Volumen“. In der Regel ist es der deutsche Mittelstand der die Produkte bestellt, ein Unternehmen ist die Hückeswagener Firma Klingelnberg.
„Mit dem neuen Bearbeitungszentrum haben wir nun eine moderne Maschine mit einem stärkeren Antrieb und die komplette Bohr- und Fräsarbeiten erledigen kann“, erläutert Recknagel. Auch seien weniger Arbeitsschritte notwendig. Zudem können dank der drehbaren Bearbeitungsspindel nun auch seitlich Löcher und Gewinde gebohrt und gefräst werden. Bislang ging das nur im Thüringer Schwesterunternehmen.
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Größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte
Mit dieser Investition sichert das Hückeswagener Unternehmen Recknagel den Standort in Kobeshofen für die kommenden Jahre. Die Entscheidung zur Bestellung vor fast einem Jahr fiel angesichts der schwierigen Konjunktur aber nicht leicht.Die Firma Recknagel Präzsionsstahl an der Stahlschmidtsbrücke blickt mit Spannung auf den kommenden Dienstag – und auch schon auf die Nacht davor. Denn am Dienstagmorgen wird in Kobeshofen das neue CNC-Bearbeitungszentrum „AXA“ eingebracht. „Diese Maschine ist die größte Einzelinvestition der fast 60-jährigen Unternehmensgeschichte – sowohl in Hinblick auf die Investitionssumme von ziemlich genau einer Million Euro als auch in Hinblick auf deren Dimensionen“, berichtet Firmenchef Peter Recknagel.
Die Maschine ist nach seinen Angaben etwa fünf Meter breit und 13 Meter lang und wird daher in der Nacht zu Dienstag auf drei Lastzügen verteilt angeliefert, zwei davon als Schwertransporte mit Polizeibegleitung. Zum Abladen sind gleich zwei Autokräne vorgesehen.
Gebaut wurde das Fahrständer-Bearbeitungszentrum bei der AXA Maschinenbau GmbH in Schöppingen im Münsterland unter Verwendung von Präzisions-Führungsleisten aus hochfestem schwedischem Werkzeugstahl „TOOLOX 44“ – „natürlich aus unserem Hause“, sagt Recknagel.
Mit dieser Investition sichere Recknagel den Standort in Kobeshofen für die kommenden Jahre. Die Entscheidung zur Bestellung vor fast einem Jahr sei angesichts der schwierigen Konjunktur nicht leicht gefallen, berichtet der Chef. Aber nicht investieren sei für Recknagel keine Option. Die bisherige CNC-Maschine aus dem Jahre 2006 bleibe erhalten, vor allem auch für die Ausbildung und für Vorarbeiten, die bisher aus Kapazitätsgründen im Recknagel-Werk in Thüringen erfolgen.
Die neue AXA verfügt nach Angaben von Recknagel über eine zusätzliche CNC-Achse, so dass lange Bauteile bis viereinhalb Meter Länge auch stirnseitig ohne Umrüsten bearbeitet werden können. Die neueste CNC-Steuerungsgeneration „Heidenhain TNC 7“ sei neben den TOOLOX-Führungsleisten Basis für die Zukunftsfähigkeit. Ein Werkzeugmagazin mit 144 Werkzeugen und ein Spindelantrieb mit 540 Nm Drehmoment und 56 kW Leistung ermöglichen kraftvolle und doch präzise Zerspanung.
Hergestellt werden in Hückeswagen hochgenaue Maschinenbaukomponenten wie insbesondere kundenspezifische Führungsleisten für Kunden vor allem in Deutschland und Europa. Mit den fertigen Maschinen gehen sie dann in alle Welt.
„Für eine solch wertvolle Maschine sind aber auch die CNC-Fachkräfte wertvoll, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Alle Mitarbeiter an dieser Maschine wurden bei Recknagel in Hückeswagen zum Zerspanungsmechaniker ausgebildet“, berichtet der Chef. Recknagel engagiert sich deshalb auch seit 15 Jahren als Gründungsgesellschafter des Berufskollegs Hückeswagen.